Neuer Mindestlohn: Im Alter reicht es trotzdem nicht!
Berlin, 03.11.2020
Der Bundesverband der Rentenberater e.V. erklärt, wie sich der neue Mindestlohn-Stufenplan auf die Rente auswirkt.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat vor wenigen Tagen einen neuen Stufenplan für den Mindestlohn vorgelegt. Demnach steigt der gesetzliche Mindestlohn innerhalb von zwei Jahren in vier Schritten auf 10,45 Euro.
„Wenn der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn angehoben wird, ist das auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“, sagt Anke Voss, die Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater e.V.
„Aber für eine armutsfeste Rente reicht es leider noch nicht. Das Einzige, was wirklich eine auskömmliche Rente garantiert, sind Löhne, mit denen auch entsprechende Beiträge finanziert werden können.“, fügt Voss hinzu.
Wie aber wirken sich die einzelnen Schritte konkret aus? Der Bundesverband der Rentenberater e.V. hat dazu eine einfache Übersicht erstellt.
Aktueller Mindestlohn – 9,35 Euro
Mit dem aktuellen Mindestlohn bekäme man eine Rente in Höhe von knapp 740 Euro – wenn man im Arbeitsleben durchgehend beschäftigt war und dann nach 45 Jahren in Rente geht.
„Es ist offensichtlich, dass davon niemand leben kann.“, betont Voss. „Betroffene wären also auf die Grundsicherung angewiesen. Dazu kommt, dass bei solchen Einkommen die ergänzende Vorsorge ja auch auf der Strecke bleiben wird.“
Neuer Mindestlohn – 10,45 Euro
Mit dem neuen Mindestlohn ergäbe sich immerhin eine Rente von knapp 825 Euro. Auch hier müssten Betroffene wohl Grundsicherung beantragen.
„Die Rente muss gegebenenfalls noch versteuert werden und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden auch abgezogen. Von einer ‚auskömmlichen Rente‘ kann wohl weiterhin keine Rede sein.“, erläutert Voss.
Erst bei einem Mindestlohn von 12 Euro würde sich die Rente mit ca. 950 Euro über der Grundsicherung bewegen.
„Das Problem ist, dass wir hier sozusagen mit (idealen) Durchschnittsbedingungen gerechnet haben – also nach 45 Jahren ununterbrochener Beschäftigung. Außerdem müsste sich der Mindestlohn über alle 45 Jahre genauso fortentwickeln, wie das Durchschnittsentgelt aller Rentenversicherten.“
„Lebensläufe folgen aber keinen Durchschnittsparametern. Da gibt es Phasen ohne Arbeitseinkommen, oder – wie aktuell wegen Corona – Zeiten der Kurzarbeit.“, erklärt Voss.
Das alles wirkt sich auf die Höhe der Rente aus – manchmal vielleicht positiv, wenn man in einen besser bezahlten Job wechseln kann, sonst aber eher negativ.
Dazu kommt: Auf 45 Arbeitsjahre kommen Menschen in herausfordernden Berufen heute ohnehin immer seltener. Weder in der Pflege und der Kindererziehung, noch auf dem Bau, im Transportgewerbe oder vielen anderen Arbeitsfeldern halten Arbeitnehmer so lange durch. Die Folge: Niedrige Renten!
Fazit: Der Mindestlohn sorgt in der geplanten Form für eine verbesserte Alltagssituation so lange man Arbeit hat – als wirksames Mittel gegen Altersarmut ist er
nach Auffassung des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. nicht geeignet.
„Von Niedriglöhnen kann niemand fürs Alter vorsorgen.“, verdeutlicht Präsidentin Voss. „Wer arbeitet, muss dafür Lohn bzw. Gehalt bekommen, von dem er leben und vorsorgen kann.“
Zwar hat die Bundesregierung mit der neu geschaffenen Grundrente ein Instrument entwickelt, das Niedrigstrenten mit Steuermitteln aufstockt. Sie ist trotzdem aufgefordert, weitere Anstrengungen im Kampf gegen Altersarmut zu unternehmen.
So könnte zum Beispiel die Rentenversicherung auch für Selbständige und Beamte verpflichtend geöffnet werden. Auch bei der betrieblichen Alters-
versorgung müssen die bestehenden Anreize besser vermittelt werden und Unternehmen unterstützt werden, die für den Ruhestand ihrer Beschäftigten
Verantwortung übernehmen.