„Einige gute Ansätze, aber zu viele Absichtserklärungen!“
Berlin, 30.11.2021
Trotz wichtiger Neuerungen bleiben die Rentenpläne der Ampel-Koalition hinter den Erwartungen zurück. Auf Kapitalmarktrenditen zu setzen, ist als zentraler Lösungsansatz zu wenig.
Am 18. November wurde die Sonderregelung zum Hinzuverdienst bei vorzeitigem Rentenbezug bis Ende 2022 verlängert. Das ist erfreulich und schafft für Beschäftigte und Arbeitgeber Planungssicherheit. Vom Bundesverband der Rentenberater wurde im Vorfeld der parlamentarischen Beratung eine zeitnahe Lösung gefordert.
Im Koalitionsvertrag wird zudem deutlich, dass die Flexi-Rente gestärkt werden und die Regelung zum Hinzuverdienst bei vorzeitigem Renteneintritt sogar entfristet werden soll.
„Das kann man zweifellos als Meilenstein bezeichnen“, betont Thomas Neumann, der Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater e.V.
„Dafür haben wir immer wieder geworben und freuen uns, dass die neue Koalition da offenbar vollumfänglich mitgeht. Wer neben der Frührente weiterarbeitet, kann in Zukunft also deutlich mehr Geld verdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Das kann gerade in den unter Personalnot leidenden Pflegeberufen für eine deutliche Entlastung sorgen, ist aber auch angesichts des generell zunehmenden Fachkräftemangels positiv zu bewerten“, betont Neumann.
„Selbständige in die gesetzliche Rente einzubeziehen ist seit Jahren eine unserer zentralen Forderungen an die Politik. Hier schlägt die Ampel den richtigen Weg ein. Der Blick in andere europäische Länder zeigt: Rentensysteme, die alle Berufsgruppen einbeziehen, sind erfolgreicher!“, erklärt der Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater.
„Insofern wäre eine noch breitere Aufstellung des versicherten Personenkreises unter Einschluss von Politikern und Beamten wünschenswert.“
Der Bundesverband der Rentenberater begrüßt zudem, dass die erreichten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente nun auch auf Bestandsfälle ausgedehnt werden sollen. „Auch das hatten wir immer wieder gefordert“, sagt Neumann.
Was die mit der Aktien-Rente verknüpften Hoffnungen angeht, zeigen sich die Rentenexperten eher skeptisch.
Wer im aktuellen Marktumfeld noch nennenswerte Renditen erzielen will, muss zu Risiken bereit sein. Einem Großteil der Bevölkerung fehlen hierfür aber die finanziellen Spielräume. Denjenigen, für die es auf jeden Euro ankommt, dürfen keine Nachteile entstehen, wenn der Renteneintritt mit einem Börsencrash zusammenfällt. Das muss sichergestellt werden.
Auch Betriebsrenten dürfen nicht nur als weiterer Vertriebskanal der Finanzindustrie verstanden werden, der man mit immer weiteren Lockerungen entgegenkommt. Wer für eingesetzte 100 Euro nur noch 80 Euro oder weniger garantiert, darf sich über mangelnde Begeisterung bei Gering- und Durchschnittsverdienern nicht wundern.
Die Förderung der Betrieblichen Altersversorgung sollte da ansetzen, wo Arbeitgeber soziale Verantwortung für ihre Beschäftigten übernehmen und sich wahrnehmbar an der ergänzenden Absicherung beteiligen. Und das tun sie oft mit klugen Konzepten.
„Sowohl bei Betriebsrenten, bei der privaten Vorsorge und sogar bei der gesetzlichen Rente sollen die globalen Aktienmärkte nun alles richten. Das ist noch kein zukunftssicheres Konzept.“, gibt Neumann zu bedenken.
Nach Auffassung des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. braucht es für die wichtigen Zukunftsfragen der Alterssicherung endlich ein breit aufgestelltes Expertengremium, das der Regierung geeignete Vorschläge erarbeitet.
Denn es liegen noch viele wichtige Themen auf dem Tisch: Konstruktionsfehler bei der Grundrente, Beamtenversorgung, Generationengerechtigkeit, Konzepte gegen Altersarmut, Rentenniveau und Beitragssätze …
„Wir stellen uns einen Sachverständigenrat vor, der ähnlich wie die Wirtschaftsweisen, Zukunftsfragen der Altersvorsorge in Deutschland diskutiert und mit den Ergebnissen die Urteilsbildung der politisch Verantwortlichen stärkt.“