Erhält Entertainer Harald Schmidt mit 272 Euro (s)eine korrekte Rente?
Nach einem Beitrag der BILD-Zeitung erhält TV-Entertainer und Schauspieler Harald Schmidt eine gesetzliche Rente von 272 Euro monatlich. Er sei zwar die meiste Zeit Freiberufler gewesen, habe aber „15 Jahre voll eingezahlt“, wie er in einem dpa-Interview anmerkte. Der Bundesverband der Rentenberater e.V. klärt auf.
Der Bundesverband der Rentenberater e.V. hat satzungsgemäß die Aufgabe, „die Öffentlichkeit über die maßgeblichen Sozialgesetzbücher, das Sozialversicherungsrecht und die übrigen Systeme der Altersversicherung aufklären und unterrichten“. Und das Rentenschicksal von Herrn Schmidt bietet eine gute Gelegenheit dazu.
Reduziert man die Grundsätze der Leistungsermittlung auf seine wesentlichen Merkmale, so ist die Berechnung einer Rente auch für Laien gut durchschaubar: Die im Laufe eines Versicherungslebens erzielten beitragspflichtigen Entgelte werden für jedes Kalenderjahr schlicht durch den Durchschnittsverdienst aller Rentenversicherten geteilt. Daraus entstehen die sogenannten „Entgeltpunkte“, die Grundlage jeder gesetzlichen Rente sind.
Was bedeutet eigentlich „voll eingezahlt“?
Harald Schmidt hat, wie man liest, 15 Jahre lang „voll eingezahlt“. Selbst wenn man zu den Spitzenverdienenden gehört, zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Rentenbeiträge nur bezogen auf die Höhe der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze ein. Im Jahr 2022 liegt dieser Wert bspw. bei brutto 84.600 Euro im Rechtskreis West und 81.000 Euro im Rechtskreis Ost. Auch die freiwilligen Einzahlungsmöglichkeit, bspw. bei Selbstständigen, ist auf diesem Niveau begrenzt.
In In den letzten Jahrzehnten war die Relation von Beitragsbemessungsgrenze und Durchschnittsverdienst pro Kalenderjahr nicht immer gleich. Bis zum Jahr 2002 bekam man für die höchstmögliche Beitragseinzahlung im Mittel rund 1,8 Entgeltpunkte pro Jahr. Seitdem sind es jährlich etwa 2,1 Entgeltpunkte. Im Rahmen einer überschlägigen Betrachtung kann man also von 2 Entgeltpunkten pro Kalenderjahr ausgehen, wenn die betreffende Person „voll einbezahlt“, also Beiträge auf maximal möglichem Niveau geleistet hat.
Die bis zum Rentenbeginn insgesamt erworbenen Entgeltpunkte werden mit einem „aktuellen Rentenwert“ multipliziert, den es bis 01.07.2024 noch in den Ausprägungen West (mit aktuell 36,02 Euro) und Ost (mit aktuell 35,52 Euro) gibt. Ab 01.07.2024 werden wir also die sogenannte Ost/West-Angleichung erreicht haben.
„Voll eingezahlt“? Dann erhält Harald Schmidt 1.080 Euro
Die von Herrn Schmidt nach 15 Jahren voller Einzahlung erreichten rund 30 Entgeltpunkte (15 x ca. 2 Entgeltpunkte) dürften vermutlich im Rechtskreis West erworben worden sein.
Das ergäbe dann eine monatliche Rente von aktuell 1.080,60 Euro (und nicht 272 Euro), die im Falle einer privaten Krankenversicherung noch um einen Zuschuss von derzeit 7,95 % ergänzt werden könnten. Eine Rente von 272 Euro kann erwarten, wer 15 Jahre ein Einkommen auf dem Niveau eines nur halbtags tätigen Durchschnittsverdieners erzielt hat.
Wer am 18.08.1957 geboren ist, dem steht die Regelaltersrente erst ab August 2023 zu. Für eine frühere Rente (mit Abschlägen), bräuchte Herr Schmidt noch 20 weitere Jahre in seinem Rentenkonto. Das können auch Zeiten der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen sein.
Trotz dieser vereinfachten Darstellung am Beispiel des bekannten TV-Entertainers:
Rentenberechnung ist eine komplexe Angelegenheit. Denn zur „Berechnung einer Rente aus Entgelten bzw. Beiträgen“ kommt vor allem die Gesamtleistungsbewertung mit einer Grund- und Vergleichsbewertung hinzu. Damit können beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten bewertet werden. Die Berechnung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt, Zuschläge für die Erziehung, Zu- oder Abschläge wegen Versorgungsausgleich, Grundrentenberechnungsvorschriften und vieles mehr müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Insofern ist auch richtig, dass – neben den kostenlosen Angeboten der Sozialversicherungsträger – nur von dazu befugten Stellen, bspw. den Rentenberatern oder Rechtsanwälten, qualifiziert beraten werden darf.
Kurzum: Wer Zweifel hat, ob seine Rente korrekt ermittelt wurde, findet sachkundige Hilfe bei einem Mitglied des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. unter www.rentenberater.de
Am 15. und 16. September finden in Trier die Rentenberatertage 2022 statt. Interessierte Journalisten können sich jetzt in unserer Geschäftsstelle anmelden unter: info@rentenberater.de.